Sven Graf* liebt teure Kleider und Turnschuhe. Immer wieder sieht der 15-Jährige sich auf dem Handy die neusten Trends an. Kaum hat er sich neue Sneakers gekauft, schielt er bereits nach den nächsten. Viel Stoff für ermüdende Auseinandersetzungen: Sven geht noch zur Schule, die Eltern müssten das teure Hobby finanzieren. Mit 50 Franken Taschengeld pro Monat kam Sven natürlich nicht weit.

In den letzten Sommerferien dann die erlösende Idee: Mutter und Sohn beschlossen, einen Jugendlohn einzuführen. Sven hatte von einem Kollegen erzählt, der einen bekommt. «Seit wir den eingeführt haben, gibt es viel weniger Diskussionen», sagt Mutter Tanja Graf*. «Früher ging es immer darum, ob er nun schon wieder neue Turnschuhe braucht oder ob der Pullover, den er sich kaufen will, zu teuer ist. Das ist jetzt allein seine Sache, ich äussere mich nicht mehr dazu.»

Man muss sich einfach darüber verständigen, welche Ausgaben neu das Kind verantworten soll.

Wer zahlt was?

Zuerst besprachen sie, welche Ausgaben der Jugendlohn decken sollte: Kleider, Coiffeur, ÖV, Handy-Abo, Essen in der Schule, Taschengeld. Schulmaterial und sonstige Schulauslagen würde weiterhin die Mutter bezahlen. Ebenso würde sie für Vereins- und Sportkosten aufkommen. Dann feilschten sie um das Monatsbudget:

  • 100 Franken für Kleider/Schuhe
  • 20 Franken für den Coiffeur
  • 20 Franken für den öffentlichen Verkehr
  • 25 Franken für das Handy-Abo
  • 150 Franken fürs Essen an der Schule (für 3 Essen pro Woche à 12 Franken)
  • 50 Franken für das Taschengeld
     

«Ich gehe ja nicht jeden Monat zum Coiffeur», erklärt Sven, «da besteht Spielraum.» Dasselbe gelte bei den ÖV-Kosten, da er mit dem Velo zur Schule fahre. An drei Tagen pro Woche esse er in der Mensa. Wenn er sparen wolle oder müsse, könne er auch an diesen Tagen nach Hause fahren und sich dort etwas zu essen machen. Der Jugendlohn werde zudem ja auch während der Ferien ausbezahlt. Da bleibe finanzieller Spielraum für Unternehmungen.

365 Franken für den Jugendlohn

Mutter und Sohn kamen so auf einen Jugendlohn von 365 Franken pro Monat. «Wir sagten uns, dass wir es damit mal versuchen wollten. Sonst ist der Betrag ja schnell angepasst», sagt Tanja Graf.

Das scheint auf den ersten Blick viel Geld zu sein. Der Jugendlohn umfasst jedoch nur Kosten, die die Familie ohnehin trägt . Das Modell Jugendlohn eigne sich daher für alle Familien, egal, wie die finanzielle Situation aussieht, heisst es beim Verein Jugendlohn, der unter anderem von der Stiftung Pro Juventute sowie von Schuldenberatungsstellen getragen wird. Eltern und Kind müssen sich einfach darüber verständigen, für welche Ausgaben, die bisher die Familie trug, jetzt das Kind eigenverantwortlich ist.

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Mutter und Sohn eröffneten ein Bankkonto für Sven. Seither fliessen die 365 Franken per Dauerauftrag immer am 28. des Monats dorthin.

«Das mit dem Jugendlohn klappt völlig problemlos», schwärmt Tanja Graf. Sven isst zwar gegen Ende Monat relativ häufig zu Hause, weil er kein Geld für die Mensa mehr hat. Aber die Diskussionen über neue Turnschuhe sind weg. «Ich finde es toll, dass ich nun mein eigenes Geld habe», sagt Sven. Er muss allerdings auch die Konsequenzen tragen. Wenn seine Kollegen ins Kino gehen Umgang mit Teenagern Wie viel Ausgang darf sein? und er kein Geld mehr hat, muss er halt zu Hause bleiben. Seine Mutter betont: «Da muss man dann hart bleiben und ja kein Geld nachschieben. Sonst verfehlt der Jugendlohn sein Ziel.»

Mit eigenem Lohn entwickelt sich ein Preisbewusstein

Auch eine Studie der Hochschule Luzern beurteilt den Jugendlohn positiv. «Die meisten Eltern machen die Erfahrung, dass ihre Kinder damit lernen, besser mit Geld umzugehen, und ein Preisbewusstsein entwickeln», sagt Studienautorin Claudia Meier Magistretti. Sie hat die Studie im Auftrag des Vereins Jugendlohn erstellt. «Die Kinder müssen notwendige und nicht notwendige Ausgaben gegeneinander abwägen – und Konsumwünsche auch mal aufschieben.»

Letztlich profitiere die ganze Familie, wenn es weniger Konflikte um Geld gebe. Heute überlegt sich Sven besser, ob er wirklich schon wieder ein neues T-Shirt oder neue Sneakers will. «Letzthin habe ich sogar Turnschuhe weiterverkauft, damit ich mit Kollegen ins Alpamare gehen kann», sagt er.

«Ich kann den Jugendlohn wirklich jeder Familie empfehlen», sagt Mutter Tanja Graf. «Manchmal sehe ich einfach, dass Sven wieder neue Schuhe trägt. Aber es ist mir egal.»

*Namen geändert

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Quelle: Beobachter Edition